Annemarie Balden-Wolff mit ihren geliebten Blumen               

Annemarie Balden-Wolff
Biografie

Diese Biografie ist größten Teils, an einen von ihr selbst
geschriebenen Lebenslauf, angelehnt.
Redewendungen und Ausdrücke wurden übernommen.
Durch Überlieferungen von mir ergänzt.

               Annemarie Romahn Anfang der 30er Jahre




Kunsthandwerkerin - Freischaffende Künstlerin
Malerei, Zeichnungen, Collagen und Applikationen



geb.:  27. 07. 1911 in Rüstringen (jetzt Wilhelmshaven) - bei Oldenburg
als Tochter von Arthur August Romahn - Obersteuermann und seiner Frau Margarethe Marie Auguste Romahn, geb. Fehlhaber

gest.: 27. 08. 1970 in Dresden - Rochwitz

Sie wuchs in Berlin auf und besucht die II. Mittelschule in Berlin-Steglitz und anschließend 2 Jahre die Fachschule für Textil und Bekleidungsindustrie um Modezeichnen zu lernen.

Ohne feste Anstellung machte sie gelegentlich kleine Modeberichte für "Berlin am Morgen" und ging, um nicht tatenlos herumzusitzen, zur Marxistischen Arbeiterschule(M. A. Sch.), um noch Steno und Schreibmaschine dazu zu lernen, was sie aber nie ausübte.
Als die M. A. Sch. Agitationsgruppe gegründet wurde, trat sie ihr bei und gehörte, bis zur Auflösung 1933, ihr an. Sie beteiligte sich an politisch theoretischen Kursen und wurde, da sie Schrift zeichnen konnte, Helfer. 1932 trat sie, im Zuge des "Aufgebotes der 100000", in die KPD ein.

1933 emigrierte sie in die CSR nach Prag. Ihr damaliger Berliner Freund Pinsmowa(Name nicht sicher), jüdischer Sportreporter, von der Gestapo gesucht, verließ Deutschland und sie mit ihm. Dort wurde sie vom "Verein" unterstützt, der die Hilfsorganisation der KPD war.

Beteiligung bei der Organisation im Oskar Kokoschka Bund, die Zusammenfassung aller emigrierten antifaschistischen Künstler, und war dort Kassierer. Ihre berufliche Arbeit in Prag war sehr vielseitig. Sie machte Illustrationen und Modezeichnungen für deutsche u. tschechische Zeitungen, Plakate, Schaufenstersichtwerbung, Modellstrickereien sowie Entwürfe für die Textilindustrie, angefangen von Hüten bis zum Manteln auch Schals und Handschuhe und Modezeichnungen für die Filmfirma RKO Radio.

1938/39 lernte sie, durch Vermittlung der Familie Capek, antifaschistische Engländer kennen, die nach Prag gekommen waren um bei der Weiteremigration behilflich zu sein. Sie halfen ihnen, Visen für die Mitglieder des O. K. B. zu bekommen. Es gelang ihnen auch, alle heraus zu bringen. Als Hitler in Prag einmarschierte war sie noch dort, konnte aber mit Hilfe der Partei nach Polen entkommen, von wo aus sie durch Schweden nach England transportiert wurden. In England wurde ihnen erst nach Ausbruch des Krieges erlaubt zu arbeiten. Vorher wurden sie vom Künstlerkomitee betreut, das später vom Czeck-Trust-Fund übernommen wurde. Sie gehörten dann der Schmitt-Gruppe an.

05.06.1939 Heirat mit dem Bildhauer Theo Balden (eigentlich Otto Koehler) in Hampstead.

1940 wurde ihr Mann Theo Balden interniert und nach Kanada transportiert. In dieser Zeit lebte sie meist bei englischen Freunden, bis sie eine Stellung in einer Gipsfigurenfabrick in London fand! Dort bemalte sie Gipselefanten die für den Export nach Indien bestimm waren.

Bald, nachdem ihr Mann nach 10 monatiger Internierung zurückkehrte, übersiedelten sie nach Derby. Dort gelang es ihnen mit viel Ausdauer und unter großen Schwierigkeiten, einen internationalen Club zu organisieren, der die in der Stadt lebenden Emigranten verschiedenster Nationen (unter ihnen Czechen, Slowaken, österreicher, Deutsche und Sudetendeutsche) zusammenfasste. Sie veranstalteten Vorträge über aktuelle politische und soziale Themen. Die Arbeit wurde ihnen recht schwehr gemacht, da sie die einzigen deutschen Genossen waren und von den anderen Emigranten wenig Hilfe bekamen, die meist dem bürgerlich-jüdischen Lager angehörten und manchmal nicht wußten, was ein politischer Emigrant war. Anfänglich in London und später in Oxford und Derby, wo sie für das Städtische- und für das Schulmuseum Derby Kostümfiguren mit historischen Kostümen und Trachten fremder Länder, Nadelarbeiten als Muster, Stoffpuppen, Marionetten und Kasperlefiguren herstellte. Außerdem hat sie für ein Warenhaus Stofftiere und Puppen hergestellt, Ledertaschen gemacht, Glas bemalt, geschneidert und Unterricht erteilt in kunstgewerblichen Arbeiten, in von der Stadt organisierten Lehrgängen für Erwachsene.

1947 Rückkehr nach Berlin

und Beginn mit Wandteppichapplikationen die in einer Ausstellung in der Galerie Franz in Berlin, Kaiserallee ausstellt wurden.

Von der Werkkunst kommend ist für Annemarie das Material Ausgangspunkt der Gestaltung farbiger, strukturierter der in der Folgezeit entstehenden Wandteppiche, Bühnenvorhänge und Wandbilder, ölgemälde, Zeichnungen, Lackarbeiten, Applikationen und Collagen.

1951 lernt sie den Dresdner Maler und Graphiker Willy Wolff kennen.

1952 zieht sie mit Willy Wolff nach Dresden, in die Löscher Straße 33, über eine Bäckerei direckt über den Backofen,
das war aber nur im Winter gut. Sie sparten sich die Heizkosten. Im Sommer suchten sie das Weite.

1953 Geburt des gemeinsamen Sohnes Pan.

1954 Umzug auf den Elbhang (Rochwitz). Im Haus, Am Wachwitzer Höhenpark 6, beziehen sie die untere Etage, zu der die halbe Garage und ein Teil des Gartens gehört.

1956 Heirat mit Willy Wolff.

Auf die Frage des Standesbeamten: "Warum heiraten sie denn jetzt erst?" Er spielte auf den schon lange geborenen Sohn hin, antwortete sie nur kurz: "Wir hatten eher keine Zeit!"

1957 + 58 besucht sie mit Mann und Sohn, je einen Monat lang, auf Einladung, ihre Londoner Freundin aus der Emigrationszeit, die Maler- und Graphikerin Louisa Puller (in 10 Generation Künstlerin), in deren Haus, in der Beaufort Street (Chelsea), sie für diese Zeit wohnen.

Danach, durch die gesammelten Eindrücke der modernen Weltkunst, immer auf der Suche nach neuen Gestaltungsmöglichkeiten, probiert sie vielerlei Techniken und Materialien aus.

Mehrere Ausstellungen in Staatlichen und privaten Galerien.

1970 der Tod am 27. August unterbricht, einen Monat nach ihrem 59. Geburtstag, viel zu früh das eigentlich noch am Anfang stehende, künstlerische Schaffen.

Mit ihrem Berliner Herz, dem Englischen Humor, dem weltgewandten Denken und ihrer der Zeit vorauseilenden Sichtweite, war sie für viele Bekannte nicht nur Anregung und Freundin.

Annemarie Balden-Wolff wurde in Dresden auf dem Loschwitzer Friedhof, gegenüber des Künstlerhauses, beigesetzt.

Ihr Mann, Willy Wolff, vollendete 1970 seine größte Sandsteinplastik und stellte sie, zum Gedenken an seine geliebte "Annemie", auf ihr Grab.



wolff@pan.li